Dienstag, 22. Juli 2008

Leseprobe aus meinem ersten Roman: "Zweieinhalb Wochen".

Leseprobe aus:

„Zweieinhalb Wochen“

Er streicht mit den Fingerspitzen über mein Gesicht: »Ich finde es seltsam. Was man liebt, schlägt man doch nicht, oder?«

»Nein, natürlich nicht, aber so einfach ist das nicht, alles hat zwei Seiten. Ich – ich kann nicht gut darüber reden.«

»Versuch es.«

Ich starre eine Zeitlang ins Feuer.

»Nun, es ist so, ganz ehrlich gesagt: Schmerz ist Lustgewinn für mich. Ich weiß nicht, ob du dir das vor­stellen kannst, aber es ist so … Nur, so stark wie bei dir habe ich das noch nie empfunden, schon beim ersten Mal, weißt du noch, an dem See in Tønder? Ich hätte so etwas niemals von jemand anderem mit mir machen lassen, geschweige denn von einem Fremden. Bei dir war es mir egal. Von Anfang an. Es macht mir nichts aus, wenn du mir wehtust, im Gegenteil. Es erregt mich.«

»Ich danke dir für deine Offenheit, aber ich kann es mir immer noch nur sehr schwer vorstellen. Obwohl es faszinierend ist. Wärest du denn dazu fähig, mich zu schlagen?«

»Wenn du es dir wünschen würdest, könnte ich es. Aber«, ich zögere, »da ist noch etwas anderes, zwi­schen uns – nein, dich könnte ich nicht schlagen. Weil du es bist. Du verstehst?«

»Ich glaube, ja.« Er lächelt: »Ich denke, entscheidend ist, dass man es wirklich will, weil es erregend ist. Ich kann es mir kaum vorstellen. Zumindest jetzt, im Nachhinein.«

»Warum? Fehlt dir dazu die Phantasie?«

»Nein, natürlich nicht, das ist bestimmt das Aller­letzte, was mir fehlt.« Er hält eine Weile inne und als er fortfährt, ist seine Stimme rau geworden: »Ich habe lange darüber nachgedacht, was gestern passiert ist, und darüber, was du anschließend gesagt hast. Ich habe deshalb Schwierigkeiten damit, weil es Macht bedeutet. Du gibst mir Macht. Über dich. Durch deine Worte. Und Macht kann verführerisch sein. Nein, was rede ich da, Macht ist verführerisch.«

»Aber Liebe ist immer Macht.«

»Ja, in gewisser Weise schon. Aber ich rede jetzt von einer anderen Macht. Von der Macht, die du mir frei­willig eingeräumt hast. Über dich.«

»Meinst du, du kannst mit ihr nicht umgehen?«

Er lacht auf: »Ich weiß nicht, es ist eine völlig neue Erfahrung für mich. Und die einzige Erfahrung, die ich bis jetzt damit gemacht habe, war nicht schön für mich. Zumindest nachher habe ich mich verachtet.«

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